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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 08.08.2000
Aktenzeichen: 4 W 43/99
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 797 Abs. 5
ZPO § 800 Abs. 3
ZPO § 13
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 24
ZPO § 800 Abs. 1
ZPO § 802
GKG § 11 Abs. 1
4 W 43/99

Leitsatz

Zum Verhältnis von allgemeinem und dinglichem Gerichtsstand für Klagen gem. den §§ 797 Abs. 5 und 800 Abs. 3 ZPO.


Geschäftsnummer 4 W 43/99 1 O 47/99

Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg

Beschluss vom 08.08.00

In dem Rechtsstreit

- Antragstellerin / Beschwerdeführerin -

Prozeßbevollmächtigte:

gegen

- Antragsgegnerin / Beschwerdegegnerin -

Prozeßbevollmächtigte:

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Zivilsenate Feiburg - beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 20.06.1999 - 1 O 47/99 - wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

1.

Die Antragstellerin hat im Rahmen des als Geldanlage gedachten Erwerbs einer Eigentumswohnung in E aufgrund eines Treuhandvertrages vom 24.05.1991 und einer darin u.a. dem Treuhänder erteilten allgemeinen Vollmacht bei der Antragsgegnerin mit Vertrag vom 15./21.11.1991 ein Finanzierungsdarlehen über 71.500,00 DM aufgenommen. In dem notariellen Wohnungskaufvertrag vom 30.08.1991 hatte die Antragstellerin zugunsten der D Bank auf ihr Wohnungseigentum eine Grundschuld über 144.000,00 DM nebst Zinsen und gleichzeitig in dieser Höhe die persönliche Haftung übernommen sowie sich jeweils der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Sowohl Grundschuld wie persönliche Forderung gegen die Antragstellerin trat die D Bank unter dem 25.02.1997 in Höhe des von der Antragsgegnerin der Antragstellerin gewährten Darlehens an erstere ab, die mit Beschlüssen des Amtsgerichts E vom 22.12.1998 wegen eines Teilbetrags von 8.824,90 DM die Zwangsverwaltung und Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum der Antragstellerin betreibt.

Die Antragstellerin ist u.a. der Ansicht, daß der Darlehensvertrag mit der Antragsgegnerin nicht wirksam zustandegekommen, sie zumindest aus schadensersatz-rechtlichen Gesichtspunkten nicht verpflichtet sei, das Darlehen zurückzuzahlen. Sie beabsichtigt deshalb gem. § 797 Abs. 5 ZPO beim Landgericht F als ihrem Wohnsitzgericht im Wege der Vollstreckungsabwehrklage die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde vom 30.08.1991 wegen ihrer, in Höhe der Grundschuld übernommenen persönlichen Haftung feststellen zu lassen. Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Klage hat das Landgericht F mit Beschluß vom 20.06.1999 zurückgewiesen mit der Begründung, das angerufene Gericht sei örtlich nicht zuständig, da angesichts der Tatsache, daß sich die Antragstellerin in der notariellen Urkunde vom 30.08.1991 zugleich auch wegen der von ihr bestellten Grundschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen habe, der dingliche Gerichtsstand des § 800 Abs. 3 ZPO eingreife. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde und vertritt die Auffassung; daß im Streitfall schon deshalb der allgemeine Gerichtsstand gem. § 797 Abs. 5 ZPO gelten müsse, weil sie sich lediglich gegen ihre persönliche Inanspruchnahme aus der notariellen Urkunde vom 30.08.1991 zur Wehr zu setzen beabsichtige, ihr dagegen die Vollstreckung der Antragsgegnerin in ihrer Eigentumswohnung gleichgültig sei. Der Antragsgegnerin wurde rechtliches Gehör gewährt:

2.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO), in der Sache aber nicht begründet. Der Senat ist mit dem Landgericht der Ansicht; daß im Streitfall der ausschließliche dingliche Gerichtsstand gem. § 800 Abs. 3 ZPO gilt.

Das Verhältnis der Zuständigkeitsregelungen in § 797 Abs. 5 ZPO und § 800 Abs. 3 ZPO ist in Rechtsprechung und Literatur streitig (vgl. etwa einerseits Baumbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 800 Rdnr. 10; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 800 Rdnr. 7; andererseits KG NJW-RR 1989, 1407, 1408; OLG Oldenburg InVo 1996, 221/222; vermittelnd Wolfsteiner in MüKO, ZPO, § 800 Rdnr. 40; Musielak/Lackmann, ZPO, § 800 Rdnr. 10). Nach § 797 Abs. 5 ZPO ist für Klagen, mit welchen - wie hier beabsichtigt - Einwendungen gegen einen in einer vollstreckbaren Urkunde titulierten Anspruch (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) geltend gemacht werden, das Gericht berufen, bei dem der Schuldner, hier also die Antragstellerin im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dieser wird gem. § 13 ZPO durch den Wohnsitz des Schuldners begründet. Demgegenüber bestimmt § 800 Abs. 3 ZPO, daß in Fällen, in denen sich der Grundstückseigentümer in einer nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aufgenommenen Urkunde u.a. wegen einer - wie hier - Grundschuld der Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer unterworfen hat, für die in § 797 Abs. 5 ZPO bestimmten Klagen das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist, was dem dinglichen Gerichtsstand des § 24 ZPO entspricht.

Richtig ist sicherlich, daß sich die Zuständigkeitsregelung in § 800 Abs. 3 ZPO nach dessen Fassung und dem gesetzlichen Zusammenhang auf Klagen bezieht, die gem. § 800 Abs. 1 ZPO die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung "in Ansehung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld" zum Gegenstand haben. Hat sich ein Schuldner jedoch sowohl dinglich wie auch persönlich in einer gerichtlichen bzw. notariellen Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) wegen desselben Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen, muß der in § 797 Abs. 5 bestimmte allgemeine Gerichtsstand des Schuldners gegenüber dem dinglichen Gerichtsstand des § 800 Abs. 3 ZPO als der spezielleren (Baumbach/Hartmann, a.a.O., § 800 Rdnr. 10) und auch später - nämlich mit der Novelle von 1897 zur ZPO von 1877 (KG OLGe 22, 371, 372) - in Kraft getretenen Norm zurücktreten. Dies auch deshalb, weil es sich beiden Gerichtsständen der §§ 797 Abs. 5 und 800 Abs. 3 ZPO gem. § 802 ZPO um ausschließliche Gerichtsstände handelt, die als solche die Konzentration von Prozessen bei einem einzelnen Gericht bezwecken, was bei der Annahme einer "gespaltenen Zuständigkeit" (Wolfsteiner, a.a.O., § 800 Rdnr. 40) - je nach Einwendungen des Schuldners gegen den persönlichen oder den dinglichen Titel - aber vereitelt würde.

Dahingestellt bleiben kann im vorliegenden Fall, ob der dingliche Gerichtsstand des § 800 Abs. 3 ZPO auch dann eingreift, wenn eine "dingliche Klage" etwa nach abgeschlossener Vollstreckung in das Grundstück nicht mehr in Betracht kommt und der Schuldner praktisch nur noch gegen eine persönliche Haftung anzugehen vermag. Sieht sich jedenfalls wie im Streitfall ein Schuldner sowohl einer persönlichen wie auch einer dinglichen Haftung ausgesetzt, ist er aus den oben dargelegten Erwägungen selbst dann auf den dinglichen Gerichtsstand gem. § 800 Abs. 3 ZPO verwiesen, wenn er sich zunächst nur gegen seine persönliche Inanspruchnahme wendet, da eine spätere Klage gegen den "dinglichen Titel" mit Rücksicht auf § 800 Abs. 3 ZPO zwangsläufig zu einer dem Sinn und Zweck der fraglichen Vorschriften widersprechenden "gespaltenen Zuständigkeit" führen würde. Daß die Antragstellerin im hier zu entscheidenden Fall nach ihrer Einlassung nicht beabsichtigt, sich gegen ihre dingliche Inanspruchnahme zu wenden, kann schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit keine abweichende Beurteilung rechtfertigen.

Nach all dem fehlt hier dem angerufenen Gericht die örtliche Zuständigkeit für die beabsichtigte Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO), weshalb das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht die begehrte Prozeßkostenhilfe verweigert hat. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Eine Entscheidung hinsichtlich der Kostenerstattung ist nicht geboten (§ 127 Abs. 4 ZPO). Wegen der Verfahrenskosten wird auf Nr. 1952 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG verwiesen.

Ende der Entscheidung

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